Gut beten mit einem Josefslied
Gedanken zu einem Lied, das wieder ins Gotteslob aufgenommen worden ist:
„Du aus Davids Stamm geboren ...“
von Georg Bätzing
Das neue Gotteslob hat einen guten Ruf. Es wird gelobt, und dafür gibt es viele gute Gründe. Eine Kritik habe ich aber gleich nach dem Erscheinen gehört und seither einige Male wieder: Der heilige Josef kommt zu kurz! Es gibt keinen Andachtsteil mit Gebeten mehr, und aus dem Stammteil ist das Lied herausgefallen, das wir oft gesungen haben: „Sankt Josef, Spross aus Davids Stamm, gerecht und fromm im Leben.“ Insofern können die Trierer dankbar sein, dass ein zweites Josefslied aus alter Trierer Tradition wieder neu aufgenommen worden ist.
„Du aus Davids Stamm geboren…“. Das Lied findet sich in Trier unter der Nummer 876, und es lohnt einen genaueren Blick. Was den Text betrifft, ist es ein Lied der Barockzeit. Es stammt aus der Feder des rheinischen Jesuiten Wilhelm Nakatenus. Als in Trier Friedrich Spee im Jahre 1635 starb, da trat dieser Wilhelm in Münster in die Gesellschaft Jesu ein. Sehr wahrscheinlich hat er aber als Schüler des Kölner Jesuitengymnasiums Pater Spee noch persönlich kennengelernt. Das ist nicht unbedeutend, denn sein Josefslied steht in der guten Tradition der wunderbaren Lieder Spees.
Durch Lieder und Gesänge den katholischen Glauben vermitteln
Für die Jesuiten dieser Zeit war es nicht einfach Lust an der Freude, solche Lieder zu dichten. Sie
Katechesen. Denn, wer diese Lieder singt, wer sie vielleicht sogar auswendig lernt, der erfährt im besten Sinn Belehrung im Glauben und Schulung in der Kunst des Betens. Und so ist esauch mit diesem Josefslied.
Die fünf Strophen sind ganz biblisch ausgerichtet. Das und nur das, was sich vom heiligen Josef in den Kindheitserzählungen der Evangelisten Matthäus und Lukasfindet, greifen sie auf und halten es fest. Nichts sonst; keine Legenden und keine süßlichen Bilder, nur der biblische Befund: Josef gehört zur Nachkommenschaft Davids – und darum auch Jesus; er steht an der Seite seiner Braut, als sie im Stall von Bethlehem ihr Kind zur Welt bringt; weil der Engel dem Josef im Traum Weisung gibt, flieht er mit seiner Familie vor der Verfolgung durch Herodes nach Ägypten; später nehmen sie Wohnung in Nazaret in Galiläa – es wird zur Heimat Jesu; auf dem Heimweg von einer Wallfahrt nach Jerusalem bleibt Jesus unbemerkt im Tempel zurück, und seine Eltern suchen ihn sorgenvoll. Das ist alles, was wir aus der Heiligen Schrift über Josef wissen. Wer also dieses Lied singt und verinnerlicht, der lernt Josef so kennen, wie ihn uns die Heilige Schrift zeigt: als den, der Gottes Mensch gewordenem Wort auf Erden Schutz und Wohnung bereitet.
So geht Schriftbetrachtung:Die geistlichen Übungen des Ignatius
Dichter aber nicht. Mit seiner Dichtung will er uns im übertragenen Sinn dazu helfen, dass wir dem Wort Gottes in uns selbst eine Heimstatt geben, einen guten Platz in unserem Denken und Fühlen. Wie das geht, das hat er beim Ordensgründer Ignatius in den geistlichen Übungen der Exerzitien gelernt: Lies einen Satz oder Abschnitt der heiligen Schrift – versetz dich in die Szene, die Atmosphäre, das Gespräch hinein – spüre nach, was sich in dir regt, wie du angesprochen, betroffen wirst – und dann sprich dich aus vor Gott, sprich mit ihm, bete! So geht Schriftbetrachtung. So geschieht die „Übersetzung“ der Worte und Weisungen Gottes in mein Leben hinein. Das kann ich alleine tun mit der Bibel in der Hand, still für mich. Das kann auch gemeinsam geschehen, und dann nennt man es „Bibel teilen“ oder Schriftgespräch.
Genau nach dieser Weise ist jede Strophe des Josefsliedes aufgebaut: Zuerst wird die Bibelstelle genannt; sie wird mit Empfindungen, Gefühlen, einem kurzen Gedanken verbunden; und dann folgt ein kurzes Gebet. Dem Wort Gottes eine Wohnung bereiten – in mir, in meinem Leben. Wie fein hat der Dichter das überlegt, wie feinsinnig lehrt uns dieses Lied, Josef nachzueifern. Er war es ja,der zusammen mit Maria dem göttlichen Wort in Nazaret ein Heim gegeben hat. Das Lied sagt: Du kannst das auch! Schau doch, lies doch, sing doch – und gib dem göttlichen Wort einen Platz in deiner Welt!
Treu, beständig, achtsam, still, fromm: das Vorbild des heiligen Josef
Aber damit noch nicht genug. Dem Jesuitendichter der Barockzeit ist noch etwas gelungen. So, wie er die Liedstrophen gestaltet hat, lehrt er uns, was Heiligenverehrung ist, wie sie geht. Die Heiligen sind uns Vorbild und Fürsprecher. Beides gehört zusammen, dann ist es katholisch. Und beides kommt im Lied zum Ausdruck. Treu, beständig, achtsam, still und fromm – das sind die Eigenschaften, die dem heiligen Josef zugeschrieben werden dürfen. Darin ist er ein Vorbild für jeden, der zur Familie Jesu gehört. Die andere Seite freilich, die droht heute eher in Vergessenheit zu geraten: Wir dürfen die Heiligen anrufen um ihre Hilfe und Fürsprache. Denn sie leben ja, sie sind nicht einfach passé. Josef ist präsent in der Kirche seines Pflegesohnes mit all seinen guten Eigenschaften. Er sorgt mit, dass wir in dieser schwierigen Zeit die rechten Entscheidungen treffen und einen Weg zu den Menschen finden. Ich bin ganz sicher: Josef war mitten unter uns Synodalen der Bistumssynode, wenn wir zusammenkamen, um miteinander über die Zukunft der Kirche zu beraten. Und er ist jetzt dabei in den Gruppen und Beratungsgremien, die die Beschlüsse umsetzen und in eine neue Praxis überführen.
Der Dichter macht uns Strophe für Strophe einen schönen Gebetsvorschlag, wie wir sprechen können: „Heiliger Josef, du treuer Mensch, reiche uns deine väterliche Hand und behüte uns wie dein eigenes Kind – vor allem vor Sünde und Schuld. Wenn Gefahren drohen, dann steh uns bei. Hilf uns, dem Weg und den Worten Jesu zu folgen. Hilf uns, Jesus in unserem Leben zu suchen, ihn in der Gegenwart gläubig zu finden und ihm zu vertrauen. Vor allem aber tritt für uns ein und halte Fürsprache bei Gott, dass wir das Ziel unseres Lebens nicht verfehlen, dass wir Jesus nie verlieren. Heiliger Josef, bitte für uns. Bitte für mich. Amen.“ So kann man gut beten – heute, mit einem barocken Josefslied.
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